Trainingssteuerung
Fährst du noch, oder trainierst du schon?
Viele von euch, die mit dem Rennrad fahren angefangen haben, möchten irgendwann "besser werden". Aber wie genau stellt man das an? Nicht jeder möchte gleich den Weg der Leistungsdiagnostik beschreiten, und fragt sich welche anderen Möglichkeiten es noch gibt.
Da Training an sich sehr individuell ist, wollen wir hier versuchen dir einen kleinen Einblick über Diagnostikverfahren, Trainingsmethodik, Trainingssteuerung, Trainingsperiodisierung und die Planung zu geben.
Am Anfang steht immer die Frage:
WIE FIT BIN ICH EIGENTLICH?
Diese Frage ist essenziell. Denn jetzt bist du an dem Punkt angekommen, an dem du deine Trainingsbereiche festlegen solltest. Das kann auf verschiedene Arten gemacht werden:
- Maximale Herzfrequenz
- Der FTP Test
- Leistungsdiagnostik
Die einfachste, aber auch ungenaueste Methode ist das Bestimmen der Trainingsbereiche über das Errechnen der max. Herzfrequenz.
Die Formel dafür lautet:
Bei Männern:
Maximalpuls = 214 – (0,5 x Lebensalter (in Jahren)) – (0,11 x Körpergewicht (in Kg))
Bei Frauen:
Maximalpuls = 210 – (0,5 x Lebensalter (in Jahren)) – (0,11 x Körpergewicht (in Kg))
Vom errechneten Maximalpuls aus können nun die einzelnen Trainingsbereiche festgelegt werden. Diese teilen sich wie folgt auf:
Rekom-Bereich 50-60% der maxHF
Grundlagenausdauer 1 Bereich 60-70% der maxHF
Grundlagenausdauer 2 Bereich 70-80% der maxHF
Schwellen-Bereich 80-90% der maxHF
Entwicklungs-Bereich 90-100% der maxHF
Wettkampf spezifischer Bereich über 100% der maxHF
Hier mal ein Beispiel:
Eine 35 jährige Frau, die 70kg wiegt, hätte eine maximale Herzfrequenz von 185 Schlägen und folgende Trainingsbereiche:
Rekom-Bereich 93-111 Schläge pro Minute
Grundlagenausdauer 1 Bereich 111-130 Schläge pro Minute
Grundlagenausdauer 2 Bereich 130-148 Schläge pro Minute
Schwellen-Bereich 148-167 Schläge pro Minute
Entwicklungs-Bereich 167-185 Schläge pro Minute
Spitzen Bereich über 185 Schläge pro Minute
Eine weitere Methode zur Bestimmung der Trainingsbereiche, ist der FTP Test.
Diese Methode erfreut sich großer Beliebtheit, weil sie einfach durchzuführen ist. Zur Durchführung benötigt man im Optimalfall einen Wattmesser und einen Rollentrainer. Der Test ist natürlich auch Outdoor durchführbar. Bei einer Wiederholung sollten dann aber die Gegebenheiten wie Wetter, Temperatur und Strecke identisch sein, um die Tests miteinander vergleichen zu können. Einfacher ist das Ganze auf dem Rollentrainer abzubilden. Hier gibt es auf den bekannten Trainingsplattformen wie Zwift, Tacx oder Trainingspeaks schon vorgefertigte Tests.
FTP steht für Functional threshold Power. Dieser Wert gibt die Leistung in Watt an, die ein Athlet eine Stunde lang aufrechterhalten kann. In der Regel dauert dieser Test aber nicht 60, sondern nur 20 Minuten und wir dann hochgerechnet. Das bedeutet man fährt sich ca. 15 Minuten warm, fährt dann 20 Minuten all out (Ausbelastung), bevor man sich 10 Minuten ausfährt. Dieser Test sollte regelmäßig wiederholt (ca. alle 3 Monate) und die Trainingsbereiche daraufhin angepasst werden.
Rekom-Bereich <55% der Leistung (FTP%)
Grundlagenausdauer 1 Bereich 56-75% der Leistung (FTP%)
Grundlagenausdauer 2 Bereich 76-90% der Leistung (FTP%)
Schwellen-Bereich 91-105% der Leistung (FTP%)
Entwicklungs-Bereich 106-120% der Leistung (FTP%)
Spitzen Bereich >121% der Leistung (FTP%)
Hier mal ein Beispiel:
Eine 45 jähriger Mann, der 83kg wiegt und einen FTP-Wert von 307 Watt hat, hätte folgende Trainingsbereiche:
Rekom-Bereich <168 Watt
Grundlagenausdauer 1 Bereich 169-230 Watt
Grundlagenausdauer 2 Bereich 231-276 Watt
Schwellen-Bereich 277-322 Watt
Entwicklungs-Bereich 323-368 Watt
Wettkampf spezifischer Bereich >369 Watt
Laktatdiagnostik in Kombination mit einer Spiroergometrie.
Dies ist die genaueste Methode um Trainingsbereiche festzulegen.
Vereinfacht kann man sagen, dass bei der klassischen Laktatdiagnostik der Schwellenwattwert festgelegt wird, an dem Laktataufbau und Laktatabbau sich die Waage halten. Dieser ist vergleichbar mit dem FTP-Wert. Nur, dass dieser nicht berechnet, sondern über das Blut ermittelt wird. Führt man diesen Laktattest in Kombination mit einer Spiroergometrie, also eine Atemgasanalyse, durch, erhält man weitere wichtige Informationen, die für die weitere Trainingsplanung relevant sind. Bei der sogenannten Spiro werden folgende Belastungsparameter analysiert: Herzkreislaufsystem, Atmung uns Stoffwechsel. Man bekommt Aufschlüsse über das maximale Sauerstoffaufnahmevolumen der Lunge (VO2max), die Energiebereitstellung des Körpers (wie lange kann die zu erbringende Leistung aus dem Fettstoffspeicher, also aerob, und wie lange aus dem Kohlenhydratspeicher, also anaerob erfolgen) und vieles andere mehr. Durchgeführt werden diese Diagnostiken meist in einem Stufentest, bei dem in festgelegten Zeitabständen der Wiederstand des Ergometers oder des Rollentrainers erhöht wird. Während der Belastung wird über das Ohrläppchen Blut entnommen und so der Laktatwert bestimmt. Die Atemgasanalyse (Spiro) findet über eine Atemmaske statt. Am Ende des Testes bekommt man eine detaillierte Auswertung der Testergebnisse, und manchmal auch die ersten Trainingsempfehlungen, bis hin zu Trainingsplänen.
Wie so ein Trainingsplan aussehen könnte, wie man ihn periodisiert, und wie man das Training steuert erfahrt ihr in den nächsten Teilen.
Zum Schluss noch ein interessanter Fakt:
Die anaerobe Kapazität (also die Leistungserbringung ohne genügend Sauerstoff im Blut) nimmt im Alter ab. Die aerobe (also die Leistungserbringung mit genügend Sauerstoff im Blut) lässt sich weiter ausbauen.
In diesem Sinne: "Bleib neugierig!"