Krafttraining im Radsport
Teil 2
Inhaltsverzeichnis:
2.1 Erklärung aerobe und anaerobe Energiebereitstellung/Schwelle
2.2 Welche Trainingsart ist die Richtige
2.3 Genetische Voraussetzungen
2.4 Adaption der Muskelfasern
In den folgenden Textbausteinen taucht das eine oder andere Fremdwort auf, welches wir vorab schonmal erklären wollen.
2.1 Was genau versteht man unter aerober und anaerober Energiebereitstellung/Schwelle?
- Aerob bedeutet mit ausreichend Sauerstoff. Um eine gewisse Kraft aufzubringen steht dem Muskel über die Atmung genügend Sauerstoff zur Verfügung.
- Anaerob bedeutet mit nicht ausreichendem Sauerstoff. Die aufzubringende Energie ist für den Muskel so hoch, dass die Atmung und somit die Sauerstoffaufnahme nicht ausreichend ist. Im Körper selbst kommt es zur Laktatansammlung, welches nicht schnell genug abgebaut werden kann. Der Muskel ermüdet. Wie lange man sich in diesem Bereich aufhalten kann, liegt stark am Trainingszustand und der Intensität der Belastung.
- Als aerobe/anaerobe Schwelle bezeichnet man den Trainingsbereich, in dem sich Sauerstoffaufnahme und Laktatproduktion die Waage halten. Das ist die höchstmögliche Intensität, die man über einen längeren Zeitraum halten kann.
2.2 Welche Trainingsart ist nun für mich als Radsportler die Richtige?
So unterschiedlich wie die Trainingsarten, sind auch deren Einsatzbereiche im Radsport. Vorab sollte man für sich klären:
Was für ein Fahrertyp bin ich eigentlich? Und was möchte ich verbessern?
Folgende Fahrertypen unterscheidet man (nur die meist gefahrenen aufgeführt):
· Zeitfahrer
· Bergfahrer
· Sprinter
· Mountainbiker
· Crossfahrer
· Kriteriumfahrer
· Klassikerfahrer
Beim Zeitfahren geht es darum, eine hohe Durchschnittsgeschwindigkeit zu erreichen. Hierzu muss der Fahrer in der Lage sein, eine konstant hohe Leistung im Bereich der anaeroben Schwelle zu tolerieren. Und zwar über die gesamte Rennzeit. Es gibt kurze Zeitfahren von 10 Minuten (auch Prolog genannt), und lange Zeitfahren von etwas über 1 Stunde. Durch die aerodynamische Sitzposition, ist hier besonders die Rumpf- und Gesäßmuskulatur gefordert.
Das richtige Krafttraining für diese Disziplin ist:
- Maximalkrafttraining (als Grundlage)
- Kraftausdauertraining (um den Ermüdungswiderstand zu erhöhen)
Der Bergfahrer ist in der Regel ein absolutes Leichtgewicht. Je leichter er ist, umso besser ist sein Verhältnis von Leistung zum Gesamtgewicht. Bedeutet, er muss bei gleicher Steigung, weniger Watt in die Pedale bringen, als ein schwerer Fahrer. Die Anforderung an seine Muskulatur ist ein hohe Kraftausdauer, und der ständige Wechsel vom sitzenden Titt in den Wiegetritt.
Das richtige Krafttraining ist auch für diese Disziplin:
- Maximalkrafttraining (als Grundlage)
- Kraftausdauertraining (um den Ermüdungswiderstand zu erhöhen)
Sprinter sind die Verrücktesten im Peleton. Sie stechen kurz vor der Ziellinie in Lücken, die nicht vorhanden sind. Deshalb muss der Sprinter über ein gutes peripheres Sehen, sowie eine überdurchschnittliche Maximalkraft verfügen.
Das richtige Krafttraining für diese Disziplin ist:
- Maximalkrafttraining (als Grundlage)
- Kraftausdauertraining (um den Ermüdungswiderstand zu erhöhen)
- Muskelaufbautraining (im Bereich der Beine und des Rumpfes)
Um als Mountainbiker oder Crossfahrer erfolgreich zu sein, bedarf es wohl der größten Anzahl an Fähigkeiten. Ein ausgeprägter Gleichgewichtssinn, eine hohe Muskelermüdungsresistenz, ein kräftiger Oberkörper und ein Hang zur Verrücktheit müssen gegeben sein. Ein ständiges auf und ab, wechselnde Bodenbeschaffenheiten und knifflige Passagen stellen die Muskulatur vor verschiedenste Herausforderungen.
Das richtige Krafttraining für diese Disziplin ist:
- Maximalkrafttraining (als Grundlage)
- Kraftausdauertraining (um den Ermüdungswiderstand zu erhöhen)
- Muskelaufbautraining (gesamter Körper)
Die Attribute für gute Kriterium und Klassikerfahrer sind eine hohe Ermüdungsresistenz der Muskulatur, da sie ständigen Attacken, sowie kurzen Anstiegen oder wiederholtes Beschleunigen aus Kurven heraus ausgesetzt sind. Das erfordert eine hohe Laktattoleranz.
Das richtige Krafttraining für diese Disziplin ist:
- Maximalkrafttraining (als Grundlage)
- Kraftausdauertraining (um den Ermüdungswiderstand zu erhöhen)
2.3 Ist es eigentlich genetisch vorgegeben, ob ich ein guter Bergfahrer oder Sprinter bin?
Das kann man so genau nicht sagen, und die Wissenschaft tappt dort noch ein wenig im Dunkeln. Was man heute aber genau weiß ist, dass die Fähigkeiten, welche die unterschiedlichen Fahrertypen benötigen, stark abhängig von den einzelnen Muskelfasern sind. Die Skelettmuskulatur besteht aus verschiedenen Typen von Muskelfasern, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Kontraktionsgeschwindigkeit unterscheiden. Insbesondere unterscheidet man 2 Arten von Fasertypen. Die Typ 1 Form, die sehr langsam kontrahiert. Diese sind besonders bei Ausdauerleistungen aktiv. Und die Typ 2 Form, welche sehr schnell kontrahiert. Diese werden bei Maximal- und Schnellkraftleistungen beansprucht. Hat nun ein Radsportler mehr Typ 1 Fasern, also langsam kontrahierende, so ist er geeigneter für lange ausdauernde Belastungen (Bergfahrer), als jemand der mehr Typ 2 Muskelfasern besitzt (Sprinter).
2.4 Kann man durch gezieltes Training aus einem Sprinter einen Bergfahrer machen?
Mit dem heutigen Wissensstand ist diese Frage nicht eindeutig zu beantworten. Da die Muskelfasern ein hohes adaptives Potenzial besitzen, ist es jedoch durchaus denkbar, dass sich die Verteilung der Muskelfasertypen infolge regelmäßiger Trainingsbelastung verändern kann.
Im dritten und letzten Teil der Serie Krafttraining im Radsport stellen wir euch die TOP Übungen für Radsportler vor, und zeigen euch wie ein Home Workout ohne Geräte aussehen kann.
In diesem Sinne bleibt neugierig!
Euer Dave